Großraumabteil

"Stimmt", nickte ich und sah vor meinem geistigen Auge die Landkarte Englands. So weit war es nicht, aber wohl auch nicht nah genug für ein zufälliges Treffen.
Auch Pepper schien sich vor Vorfreude nicht mehr halten zu können, in ihrem Gesicht war auch ein Strahlen getreten.
"Unglaublich, dass man sich jedes Jahr aufs neue so sehr freut oder?", fragte ich ungläubig. Ich war zwar schon immer gerne in die Schule gegangen, aber in Hogwarts war es etwas anderes. Schließlich glich es ihrem zweiten zuhause. Aber dennoch jedes Jahr, war ich so voller Freude, als würde ich zum ersten mal nach Hogwarts gehen.

„Ja.“, stimmte sie aufs Neue zu. Sie selbst hatte die Ferien zwar durchaus genossen, vor allem das Fehlen von jeglicher Art von Schulaufgaben. Aber andererseits waren eben auch all ihre Freunde in Hogwarts und sah sie die während der Ferien kaum.
Ausserdem war Hogwarts einfach Hogwarts. Irgendwie fühlte man sich in diesem riesigen Schloss einfach wohl. Irgendwie merkwürdig, wenn man bedachte, dass sie sonst kein Freund von alten und riesigen Gebäuden war. Meistens fühlten die sich für sie nämlich selten heimelig an.
„Aber das ist wohl bei allen so. Ich kenne jedenfalls niemanden, der sich nicht wenigstens ein bisschen auf Hogwarts freut.“

Dev zuckte zusammen als der Zug mit einem lauten Geräusch und Nebelschwaden aus dem Schornstein ganz vorne sich erst sehr langsam und schließlich immer schneller in Bewegung setzte und langsam aus dem Bahnhof schlurfte. Bevor Aidan nachfragen konnte, um was auch immer es grade ging war er erneut aufgesprungen und zum Fenster gestürzt. Er winkte seinen Eltern zu bis der Zug um eine Ecke bog und sie nicht mehr zu sehen waren.
Jetzt geht es los! Das schaffst du schon.
Er atmete noch einmal tief durch und drehte sich wieder zu dem Inneren des Wagons um, er war nicht mehr ganz begeistert davon das er jetzt auf diese Schule für Hexen und Zauberer kam, seine Angst machte sich wieder breit. Mit der einen Hand umklammerte er die Kette die Kira ihm geschenkt hatte. Es half ein wenig, fast so als würde dieser kleine Gegenstand ihm zeigen, dass auch weit von Zuhause entfernt Leute für ihn da sein würden.
Devin setzte sich wieder auf seinen Platz und ließ die Füße von dem Sitz baumeln, berühren taten sie den Boden nicht.
"Wie lange fährt der Zug?"
Fragte er dann mit großen Augen und sah dabei insbesondere die älteren Schüler an, ob wohl Aidan es wohl auch wissen könnte, er wirkte so als würde er mehr über Hogwarts und die Welt darum herum wissen als er selbst.

"Ich auch nicht", sagte ich. Ich glaubte auch, dass wirklich jeder sich auf Hogwarts freute, warum auch nicht? Es war sehr schön ihr, man konnte neues Lernen und das Schloss erkunden. Man fand neue Freunde und auch die Lehrer waren sehr kompetent.
Als der Junge fragte, wie lange die Zugfahrt den dauern würde. Drehte ich mich zu ihm hin, ich war nicht ganz sicher ob er uns meinte, aber da ich die Antwort wusste, konnte ich sie schließlich auch sagen.
"Wir fahren ungefähr neun Stunden", sagte ich.

Die Antwort, die ihre Gesprächspartnerin dem nur wenig entfernten Jungen gab erstaunte Pepper etwas. Nicht weil sie nicht wusste wie lange die Fahrt dauerte – schliesslich war es nicht das erste Mal, dass sie um elf in den Express einstieg und erst gegen Abend in Hogwarts ankam – aber vielmehr, weil sie es sich zum ersten Mal wirklich bewusst wurde, wie lange die Fahrt dauerte. Meistens fühlte es sich nämlich gar nicht nach so viel an. Aber mit Freunden und voller Vorfreude Zug fahren war schliesslich auch etwas anderes, als wenn man einfach so eine neunstündige Fahrt auf sich nahm.
Pep rutschte vom Fenster weg auf einen der äusseren Sitze, um den Fragenden etwas besser sehen zu können, dessen Platz schräg vor ihr war. Der Junge schien nicht älter als zwölf, vielleicht auch erst elf und kam ihm sein Gesicht kein bisschen bekannt vor.
„Ist das dein erstes Jahr?“, fragte sie ihn deswegen freundlich. Er schien zwar schon ein paar Gesprächspartner zu haben – sah sie doch den anderen Jungen neben hm und zwei Hinterköpfe gegenüber des Jungen, die der Grösse nach zu urteilen älteren Schülern angehörten – aber interessierte es sie einfach.

Dev drehte sich auf seinem Sitz ein wenig um, um die beiden Mädchen die grade gesprochen hatten ein wenig besser zu sehen. Er sah sie mit großen Augen, aber auch die beiden wirkten sehr nett. Bisher hatte er hier nur nette Leute kennen gelernt und er hoffte das, dass auch so bleiben würde.
Er sah das Mädchen das zuerst gesprochen hatte an.
So lange?
Zuckte es dann bei ihrer Antwort durch seine Gedanken, aber die beiden schien das kaum zu stören, mal sehen ob er das durch halten würde.
Er gab ein leises 'Pff' von sich und bließ dabei ein wenig die Backen auf. Dann entsann er sich wieder seiner Manier und lächelte sie schüchtern an.
"Danke."
Meinte er dann und lächelte vorsichtig. Dann wandte er sich dem anderen Mädchen zu, die beiden waren älter als er und das Mädchen hatte doch tatsächlich kurze Haare, nicht das er das noch nie gesehen hatte. Aber von Zuhause und auf der Schule gab es keine Mädchen mit kurzen Haaren, das war ein wenig verrufen. Dev sah sie an und nickte dann eifrig auf ihre Frage. Obwohl es sein erster Jahr war freute er sich darauf obwohl... ein wenig Angst hatte er ja schon.

"Kein Problem", lächelte ich ihn an. Er wirkte schüchtern und tat mir ein wenig leid. Ich war selber ziemlich schüchtern und fand es immer schrecklich, dass es anderen auch so ging.
"Du scheinst nervös zu sein", sagte ich, "aber du müsstest doch schon mal nach Hogwarts gefahren sein"
Ich wurde rot und dachte, dass es mich vielleicht gar nichts angehen würde.

Eifrig nickte der Kleine auf ihre Frage. Er schien ganz schön nervös zu sein, aber das war auch nur verständlich. Sie wusste noch wie unglaublich aufgeregt sie damals gewesen war und sie hatte schliesslich wenigstens Phin gehabt mit dem sie hatte hingehen können. Der Junge schien hingegen ganz allein an die neue Schule zu gehen – wie die meisten. Aber es könnte natürlich auch sein, dass er einen der älteren Schüler ihm gegenüber oder sein Sitznachbar schon von vorher kannte. Auch wenn ein bekanntes Gesicht an einer neuen Schule doch etwas beruhigend war, allzu viel half es dann doch nicht.
„Keine Sorge, dass Jahr wird schon.“, meinte sie aufmunternd und merkte nur Sekunden später, dass sie dem Jungen ja gar keine Zeit gelassen hatte auf Amalias Aussage zu antworten, weshalb sie verstummte.